Die meisten Landstriche Mitteleuropas sind seit Jahrhunderten von Menschen besiedelt
und damit immer wieder beeinflusst und verändert worden. Im Gegensatz zu völlig
unveränderten, nur durch natürliche Prozesse entstandene 'Naturlandschaften', die
heute nur noch sehr selten zu finden sind, spricht man bei allen anderen Gebieten
von einer 'Kulturlandschaft'. Sie ist das Produkt der natürlichen Faktoren (Geologie,
Hydrologie, Relief, Boden, Klima, usw. ) und deren menschlichen Veränderungen.
Je nach Ausprägung dieser Faktoren haben sich im Laufe der Zeit verschiedene
traditionelle Kulturlandschaften entwickelt, die über eine ganz spezielle naturbedingte
und kulturbedingte Eigenart verfügen.
Besonders typisch für Kulturlandschaften sind immer wieder auftretende Nutzungs- veränderungen,
die häufig auf Veränderungen in der menschlichen Gesellschaft zurückzuführen sind
(Rodungsphasen und Bevölkerungswachstum oder Wiederbewaldung und Bevölkerungsrückgang).
Durch die Nutzungswechsel beinhaltet die Kulturlandschaft eine gewisse Dynamik. Seit Mitte
des 19. Jahrhunderts hat sich jedoch dieser Landschaftswandel infolge der Industrialisierung
der landwirtschaftlichen Nutzung und des steigenden Flächenverbrauchs durch Verkehrs- und
Gewerbeflächen stark beschleunigt. Die Folge ist eine Verarmung der Landschaft an den
eigentlich typischen, historischen Nutzungsstrukturen.
Die begrenzte Verfügbarkeit von Rohstoffen rief in der Vergangenheit die Entstehung
bestimmter, für einen Landschaftsraum typischen, Baustil hervor. Diese Typik geht
zunehmend durch die immer wieder gleich anmutenden Fertighaussiedlungen oder
Industriegebiete verloren. Weiterhin besteht heute keine Knappheit an Baustoffen, so dass
man problemlos ein 'Schwarzwaldhaus' auf Rügen bauen kann.
Eine Landschaft wird als 'Historische Kulturlandschaft' bezeichnet, wenn sich in ihr
besonders viele 'Historische Kulturlandschaftselemente' erhalten haben. Als 'historisch'
wird ein Element der Kulturlandschaft bezeichnet, wenn es in dieser Form oder zu diesem
Zweck heute nicht mehr verwendet oder errichtet wird. Historische Kulturlandschaftselemente,
die im Forschungsprojekt erhoben werden, sind beispielsweise: Hecken im Agrarraum, Hohlwege,
Mühlen, Mittel- und Niederwaldreste, Ackerterrassen...
Die meisten dieser Elemente haben nicht nur einen geschichtlichen Wert, sondern sind auch aus
Gründen des Naturschutzes und der Landschaftspflege erhaltenswert. Zum einen prägen sie das
Landschaftsbild und sind daher für das Landschaftserleben und die Erholung bedeutsam, zum
anderen sind sie auch wichtige Lebensräume für spezielle Tier- und Pflanzenarten. Darüber
hinaus sind Elemente der historischen Kulturlandschaft wichtige Identifikationsobjekte für
das Heimatgefühl der ansässigen Bevölkerung.